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Sozialabgaben explodieren: Wie steigende Beiträge Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit gefährden

Steigende Sozialabgaben sind längst nicht nur ein Problem für Arbeitnehmer – sie treffen Unternehmen genauso hart. 2025 liegen die Gesamtsozialabgaben in Deutschland bereits bei über 40 % des Bruttolohns – Tendenz weiter steigend. Prognosen zeigen Werte von über 46 % bis 2035. Doch was bedeutet das konkret für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen?
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, Prof. Dr. Matthias Schumann

Sind Sozialabgaben auch ein Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen?

Was sind Sozialabgaben?

Die Sozialabgaben werden i. d. R. zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlt. Das sind die Beiträge für die Renten-, Arbeitslosen- Kranken- und Pflegeversicherung. Bei kinderlosen gibt es bei der Pflegeversicherung noch einen Aufschlag für die Arbeitnehmer. Für beide Seiten sind dieses jeweils ca. 21 % des Bruttogehalts. Insgesamt sind dieses über 40 %, auch weil der Zusatzbeitrag für die Krankenkassen 2025 durchschnittlich bei 2,5 % liegt! Der Arbeitnehmer bekommt dieses von seinem Bruttolohn abgezogen, wohingegen der Arbeitgeber diese 20 % als Aufschlag auf den Bruttolohn zahlen muss. In Prognosen wird davon ausgegangen, das die Sozialabgaben 2026 bereits mindestens 42,7 %, 2029 mindestens 44,5 % und 2035 mindestens 46,3 % betragen.

Sozialabgaben im europäischen Vergleich

Betrachten wir die Arbeitskosten in Europa, dann lag Deutschland 2022 auf Platz sechs, mit gut 40 € die Stunde, in der Industrie bei 44 €, leicht hinter Frankreich, Schweden und Belgien, sowie hinter Dänemark und Luxemburg. Betrachtet man andere Untersuchungen, z. B. vom Institut der Deutschen Wirtschaft zu Arbeitskostenniveau im Verarbeitenden Gewerbe, dann lagen wir 2021 nach Norwegen, Dänemark und Belgien auf Rang 3 in Europa, gleichauf weltweit mit den USA. Sozialbeiträge werden dabei einbezogen. Zu berücksichtigen ist, dass seit 2022 aber in Deutschland die Löhne- und Gehälter noch einmal deutlich gestiegen sind (2023 um 6 %, 2024 um 5,4 % Statistisches Bundesamt). Und auch z. Zt. stehen ja in vielen, auch von Abbau von Arbeitskräften bedrohten Branchen, wieder Tarifverhandlungen an, mit Forderungen in erheblichem Ausmaß.

Neben den hohen Energiekosten, die Deutschland als energieimportierendes Land hat, sind wir damit auch in den Lohnkosten spitze. Um sich im internationalen Wettbewerb damit nicht aufgrund der hohen Kosten heraus zu preisen, lässt sich das nur durch Produktivitätsvorteile ausgleichen. Da haben aber andere Länder gegenüber Deutschland in den letzten Jahren aufgeholt oder sogar überholt. 

Auswirkungen von Sozialabgaben auf Unternehmen

Vor diesem Hintergrund ist deutlich, dass steigende Sozialabgaben nicht nur direkt die Arbeitnehmer treffen. Mindestens in gleichem Maß sind auch die Unternehmen betroffen, um so mehr, je weiter die Gehälter steigen. Damit sinkt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen weiter. Bei allen Preissteigerungen, die ja teilweise auch lohnsteigerungsinduziert sind, sollten folgende Aspekte beachtet werden.

Hohe Lohn- und Gehaltsabschlüsse ziehen auch zusätzliche Sozialabgaben für die Unternehmen nach sich. Gerade in Bereichen, die unter den Energiepreisen oder der Zollpolitik leiden, wird dieses daher zu noch mehr Problemen führen, wettbewerbsfähige Angebotspreise zu machen. Die Unternehmen werden auf die geringeren Kapazitätsbedarfe mit Freisetzungen oder Produktivitätsanstrengungen, die ebenfalls zu Freisetzungen führen reagieren. Damit ergeben sich letztendlich auch für den Arbeitsmarkt negative Effekte.

Es geht dabei weniger um Konzerne, die nach wie vor Milliardengewinne ausweisen, vielleicht diese auch für die Transformation ihrer Geschäftsmodelle benötigen. Betroffen sind insbes. die mittelständische Wirtschaft und viele Zulieferbetriebe, die mit ganz anderen Margen auskommen müssen. Soll hier nicht eine weitere Erosion stattfinden, ist Mäßigung und eine Gegensteuerung angesagt.

Im Ergebnis zeigt sich: Nicht nur die Arbeitnehmer sind betroffen, auch die Arbeitgeber. Diese sogar doppelt, da sie bei Lohn- und Gehaltszuwächsen auch einen zusätzlichen Aufwuchs bei den Sozialabgaben haben, der liquiditätsmäßig vollständig wirksam ist. Dieses zeigt, welche Dimensionen die Diskussion um die Sozialen Sicherungssysteme haben und warum der Stopp des Aufwuchses so wichtig ist.