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Konsequenzen der globalen Abhängigkeiten von Produkten und Services für die deutsche Wirtschaft

Deutschlands Wirtschaft ist stark von globalen Lieferketten abhängig – ob bei Energie, seltenen Erden, Chips, Cloud-Diensten oder Medikamenten. Die aktuellen Krisen zeigen, wie riskant einseitige Abhängigkeiten sein können und wie dringend eigene Produktionskapazitäten in Schlüsseltechnologien gebraucht werden. Wer Risiken frühzeitig erkennt und diversifiziert, stärkt nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch die strategische Unabhängigkeit.
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, Prof. Dr. Matthias Schumann

Konsequenzen der globalen Abhängigkeiten von Produkten und Services für die deutsche Wirtschaft

Deutschlands Wirtschaft leidet unter riskanten Abhängigkeiten von globalen Lieferketten – von Energie über Chips bis zu Medikamenten. Eigene Produktionskapazitäten und kluge Diversifizierung sind entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit und strategische Unabhängigkeit.

Energie und Rohstoffe – teure Abhängigkeiten

Deutschland ist arm an Rohstoffen. Das spüren wir zur Zeit massiv bei den Energiekosten. Grüne Energie ist noch zu teuer, die Preise für den Import von Gas und Erdöl sind mit dem Ukrainekonflikt durch den Verzicht auf russische Lieferungen massiv gestiegen. Als Resultat hohe Energiekosten, viele Branchen leiden, besonders die Stahl- und chemische Industrie. Das zeigt, wie wirtschaftlich gefährlich einseitige Abhängigkeiten sind.

Zukunftstechnologien und geopolitische Risiken

Es gibt aber weitere Abhängigkeiten, gerade auch in Zukunftstechnologien, die es in geopolitischen Zeiten risikoreicher für die Wirtschaft machen. China ist nicht nur Hauptlieferant für seltene Erden wie Lithium, z. B. für die Batterieproduktion, es ist auch Hauptlieferant für Batterien am Weltmarkt. Das schafft z. Zt. große Abhängigkeiten bei der Produktion von Elektrofahrzeugen, darüber hinaus hat es massiven Einfluss auf Produktionskosten, weil die Batterie eine wichtige Kostenkomponente ist. Und Batterien werden auch für viele andere Technologien gebraucht. Eigene inländische Produktion wäre daher strategisch für den Zukunftsmarkt besonders wichtig.

Taiwan ist größter Chipproduzent für die westlichen Staaten. In jedem modernen elektronisch unterstützten Produkt sind mittlerweile Chips eingebaut, von der Waschmaschine über Automobile, Rechner bis zu Fertigungsmaschinen. Wenn hier einen Konflikt zwischen China und Taiwan auftritt, wäre auch unsere Wirtschaft massiv betroffen. Da ist es gut, dass es in Europa mittlerweile die niederländische ASML als bedeutenden Chipproduzenten gibt und auch bei uns entsprechende Werke errichtet werden. Außerdem ist Deutschland bei der Produktion von Equipment für die Chipproduktion stark. Das schafft wechselseitige Abhängigkeit.

Auch Cloud-Dienste wie Google, AWS oder Microsoft sind in Europa bei dem Angebot von Rechnerleistungen und Diensten wie z. B. KI mit Large Language Modellen, dominant. Auch hier besteht die Gefahr, dass es mit der amerikanischen Politik zu Regelungen für diese Dienstleister kommt, die gegen europäisches Recht verstoßen. Außerdem könnten Lock-in Effekte bei den Anbietern zu drastischen Preissteigerungen führen. Es ist daher wichtig, dass es auch deutsche Angebote von der Telekom, StackIT der Schwarz Gruppe oder zukünftig auch verstärkt von SAP gibt.

Auch bei anderen Basissoftwarediensten, wie Betriebssystemen, gibt es ebenfalls hohe Abhängigkeiten aufgrund des Microsoft-Marktanteils. In Teilen wirken hier Open Source-Produkte, z. B. bei Datenbanken, dämpfend. 

Industrie, Gesundheit und Resilienz der Lieferketten

Wenn wir den ökologischen Wandel betrachten, ergeben sich auch in der Solarindustrie mittlerweile starke Abhängigkeiten von chinesischen Anbietern. Sie haben in Deutschland aufgrund des Preisdumpings praktisch alle Hersteller vom Markt verdrängt. Solarinstallationen, die weiter implementiert werden sollen, schaffen damit ebenfalls Abhängigkeiten. Bei Wärmepumpen muss darauf geachtet werden, dass aufgrund der zögerlichen Nachfrage nicht weitere deutsche Unternehmen aus dem Ausland übernommen werden, um weitere Abhängigkeiten zu vermeiden.

Schließlich wissen wir spätestens aus der Corona-Pandemie, dass es für Regionen nicht sinnvoll sein kann, die Medikamentenproduktion für Basisprodukte hochgradig ins Ausland zu verlagern. Bei Pandemien oder Krisen werden diese Medikamente dann da gebraucht, wo sie produziert werden, Importstandorte haben das Nachsehen.

Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es vor diesem Hintergrund sehr wichtig ist, genau zu schauen, mit welchen Lieferketten Vorprodukte aus welchen Regionen für bestimmte Wirtschaftszweige benötigt werden. Kommt es hier zu Klumpenrisiken, z. B. durch Single Sourcing aus einzelnen Regionen, dann ist bei volatiler Weltlage Vorsicht geboten. 

Es gibt aber auch positive Beispiele, bei denen wir in Deutschland nach wie vor Weltmarktführer sind und uns diese Position erhalten müssen, auch um bei Abhängigkeiten die nötige Handelsmacht aufbringen zu können. Diese Aspekte sind heute ein wichtiger Einflussfaktor bei der Risikoeinschätzung für unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb, auch für das Kreditmanagement.