CAM Industry & Trade ist die Kreditmanagement-Software für Unternehmen aus Industrie, Handel & dem Energiesektor mit Schnittstellen zu den Warenkreditversicherungen Atradius, Coface, Euler Hermes und R+V.
Gute Nachrichten für die Wirtschaft?
In Zeiten von pandemiebedingten Einschränkungen sind optimistische Nachrichten wichtig für die Bevölkerung – positive Signale sind gut. Aus Sicht der Politik stehen ja im nächsten Jahr Wahlen an – da brauchen die regierenden Parteien keine negativen Schlagzeilen.
Für das Kreditmanagement muss aber erst recht erhöhte Wachsamkeit gelten. Wir stehen vor wirtschaftlichen Anpassungsprozessen, bei denen für viele Unternehmen auch die Zahlungsfähigkeit in Gefahr ist und damit das Insolvenzrisiko steigt.
Anstieg der Insolvenzen für 2021 erwartet
Zwar ist die Insolvenzantragspflicht wegen des Tatbestands der Überschuldung bis Dezember weiter ausgesetzt, es wird jetzt aber sicherlich verstärkt die Zahlungsunfähigkeit einzelner Unternehmen zu einem Anstieg der Insolvenzen führen. Langfristig wird man sehen müssen, wie Unternehmen überleben, die schon vor der Krise lange Zahlungsziele in Anspruch genommen haben und über nur geringe Liquiditätspolster verfügten. Hier müssen Gespräche geführt werden.
Den deutlichen Anstieg der Insolvenzen insgesamt werden wir aber voraussichtlich besonders im kommenden Jahr erleben.
Pandemiebedingte strukturelle Veränderungen der kommenden Monate
Kritisch sind ganz besonders die strukturellen Veränderungen zu sehen, die wesentlich stärkere Wirkungen haben werden. Einige Beispiele: Die Pandemie hat folgende Veränderungen ausgelöst:
- Wir haben erlebt, dass viel Kommunikation – gerade die sachlich-fachliche (nicht alle) auch über Onlinemedien/Videokonferenzen abgewickelt werden kann. Daher werden Dienstreisen deutlich zurückgehen. Betroffen werden die Hotels und Luftfahrtindustrie inkl. der daran anschließenden Zulieferer (z. B. der Flugzeugbau) sein.
- Auch manche Tagung wird virtuell stattfinden. Tagungshotels müssen nach neuen Konzepten suchen.
- Es werden sich Veränderungen bei Messen ergeben. Auch darunter werden Standorte leiden.
- Auch Kreuzfahrten – auf denen sich ja die Pandemie besonders gut ausbreitete – werden sicherlich nicht mehr so stark nachgefragt. Das hat auch Konsequenzen für Schiffsbau und -ausrüstung.
- Wahrscheinlich werden sich auch durch verstärktes Homeoffice Anpassungsprozesse bei den Büroflächen ergeben. Offene Großraumbürogestaltungen werden aus den Pandemieerfahrungen heraus sicherlich an Attraktivität verlieren.
Strukturelle Probleme gab es schon vor der Pandemie
Daneben treten strukturelle Probleme zu Tage, die es schon länger gibt, deren Anpassungen Corona-bedingt beschleunigt oder ausgelöst werden:
- Die Tourismusbranche hat es versäumt, speziell in Bezug auf stationäre Reisebüros, notwendige Anpassungen aufgrund der Online-Handels- und Beratungsmöglichkeiten vorzunehmen. Das wird nun angepasst.
- Die Automobilindustrie hat zwei Aufgaben zu bewältigen. In Europa gibt es seit langem Überkapazitäten – Anpassungen waren dringend erforderlich. Daneben gibt es den Strukturwandel zu Elektromobilität, den die deutsche Automobilindustrie besonders hart trifft, hat sie doch stark auf sauberen Bluetech-Diesel gesetzt. Das hat die Politik und das eigene Verhalten bzgl. der Abgaswerte radikal beendet. Stärker als die Automobilhersteller leiden die Zulieferer, die ausfallen oder Anpassungsprozesse durchlaufen müssen, i.d.R. mit wenig Liquiditätsreserven. Automobilhersteller – wie alle großen DAX-Konzerne – sind hier in der komfortablen Situation, sich am Markt über Anleiheemissionen Liquidität zu beschaffen, die Frau Lagarde von der EZB aufkauft. Kleine Unternehmen und der Mittelstand können das so nicht.
- Schließlich sind auch der Maschinenbau und die Metallindustrie betroffen. Bei Pandemieproblemen in vielen Teilen der Welt leiden exportabhängige Unternehmen. Weniger die, die Asien als Hauptabsatzmarkt haben, vielmehr die, die nach Südeuropa, in die USA oder nach Südamerika exportieren – in Regionen, in der die Pandemie nach wie vor wütet, die Wirtschaft darniederliegt. Auch da sind Anpassungseffekte erforderlich.
Kreditmanagement braucht ein wachsames Auge
Das bedeutet: Genau dahin schauen, wo wir Branchen haben, die entweder Strukturveränderungen durch Covid-19 erfahren oder Strukturveränderungen durchlaufen, die sowieso anstanden, jetzt aber schneller und stärker einsetzen. Stark exportabhängige Unternehmen müssen ebenfalls im Auge behalten werden.
Die Herausforderungen nehmen nicht ab
Es sieht alles nach einem harten Brexit mit neuen Handelshemmnissen mit Großbritannien aus. Die Wahl in den USA ist bei weitem noch nicht entschieden. Wenn Trump die Wahl wieder gewinnt, wird er sicherlich seine eingeschlagenen Wege in der Wirtschaftspolitik noch verstärkt fortsetzen. Damit gilt ‚America first‘ und sich verstärkender Protektionismus. Auch das wird Auswirkungen auf unseren Export haben. Welchen Weg schließlich die politischen Entwicklungen in und mit China nehmen wird ebenfalls Auswirkungen auf die Im- und Exporte haben.
Damit stehen dem Kreditmanagement weiter spannende Zeiten bevor. Die Relevanz des Kreditmanagements für den Erfolg unserer Unternehmen wird weiter steigen.
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Seit 1991 hat Prof. Dr. Matthias Schumann eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik (Professur für Anwendungssysteme und E-Business) an der Universität Göttingen inne. Er leitet auch das gemeinsame Rechenzentrum der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
Er ist Gesellschafter der Prof. Schumann GmbH.
In der Forschung beschäftigt sich Prof. Schumann unter anderem mit Informationssystemen bei Finanzdienstleistern und Systemen zum Kreditmanagement sowie Fragen zum Wissens- und Bildungsmanagement. Prof. Schumann verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, umfangreiche Vortragstätigkeiten und über mehr als 350 Veröffentlichungen.
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