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Kommt die neue EU-Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr?

Eine neue EU-Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug steht vor der Einführung. Welche Auswirkungen diese auf kleine und mittlere Unternehmen hat, wird im neusten SCHUMANN Insights diskutiert.
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, Prof. Dr. Matthias Schumann

EU verschärft Maßnahmen gegen Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Die EU hat eine neue Verordnung zum Zahlungsverzug vorgelegt, die im Abstimmungsprozess vergleichsweise weit fortgeschritten ist und nach der Europawahl weiter behandelt werden soll. Diese neue Regelung soll eine alte Verordnung ablösen und sowohl mehr Klarheit als auch zusätzliche Sicherheit, insbesondere für KMUs, schaffen. Nach ihrer Verabschiedung wird die Verordnung direkt in den nationalen Staaten wirksam. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob sich damit tatsächlich eine Verbesserung für das Kreditmanagement einstellt, da die Verordnung ausschließlich im B2B-Geschäft und bei Geschäften mit öffentlichen Auftraggebern gilt.

Die derzeit gültige Verordnung geht in der Regel von einem Zahlungsziel von 30 Tagen aus, erlaubt jedoch Zahlungsziele bis zu 60 Tagen. Der neue Text sieht eine Obergrenze von 30 Tagen sowohl für die vereinbarten Zahlungsfristen als auch für die Abnahme- und Überprüfungsverfahren vor. Kurze Zahlungsziele sind grundsätzlich zu begrüßen, aber aufgrund vielfältiger individueller Situationen gestaltet sich das häufig einzelfallabhängig, besonders bei komplexen Leistungsüberprüfungen. Hier wird weiterhin mehr Flexibilität benötigt, was beispielsweise in Verbindung mit Zahlungsplänen bei der Belieferung liquiditätsschwacher Kunden von Vorteil sein kann. Die Argumentation, dass damit KMUs geschützt werden sollen, ist zu prüfen, denn auch hier können Zweifel angemeldet werden.

Neue Bestimmungen und ihre Auswirkungen

Besondere Regelungen im Bauwesen

Im öffentlichen Bauwesen soll darüber hinaus von Unternehmen, die mit Subunternehmen zusammenarbeiten, nachgewiesen werden, dass an die beteiligten Unterauftragnehmer fristgerecht gezahlt wird. Es ist kritisch zu sehen, warum dies gerade für diesen Bereich gefordert wird, da es mittlerweile in vielen Bereichen sehr verteilte Auftragsabwicklungen gibt. Diese Regelung schafft zusätzliche Bürokratie, die sicherlich die Kosten im Baugewerbe erhöhen wird, da der Auftraggeber dann die Zahlungsabwicklungen in verschachtelten Baukonsortien prüfen muss.

Automatische Verzugszinsen und Mahnungen

Eine weitere Neuerung betrifft die Mahnungen: Sie sind nicht mehr notwendig, Verzugszinsen fallen automatisch an. Hier sollten jedoch die zivilrechtlichen Prozesse bei Verzugszinsen sowie das Geltendmachen des Verzugs durch den Gläubiger beibehalten werden. Der automatische Prozess greift zu kurz, beispielsweise bei Reklamationen oder Leistungsanfechtungen.

Pauschalentschädigungen und Flexibilität

Zusätzlich soll es automatische Pauschalentschädigungen als Beitreibungskosten für jeden einzelnen Geschäftsvorfall geben – über die nachzuweisenden Kosten hinaus. Werden notleidende Forderungen abgetreten, trifft diese Pauschalierung oft nicht auf einzelne Sachverhalte zu, weshalb auch hier mehr Flexibilität wünschenswert wäre.

Verbot grob missbräuchlicher Vertragsklauseln

In der bisherigen Verordnung existiert der Begriff „grob missbräuchlich“ als Vertragsklausel, welcher nun zugunsten von Verboten gestrichen wurde. Es wäre besser, „grob missbräuchlich“ für verschiedene Konstellationen genauer zu spezifizieren, um besser mit Einzelfällen umgehen zu können und die Vertragssicherheit zu erhöhen.

Überwachung und Durchsetzung der Verordnung

Eine weitere kritische Neuerung ist die Einrichtung einer Behörde zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung in jedem Land. Dies könnte ein überflüssiges, kostenintensives Bürokratiemonster schaffen, möglicherweise sogar mit Berichtspflichten für die Unternehmen. Auch dieser Punkt im Verordnungsentwurf ist kritisch zu hinterfragen.

Fazit und Empfehlungen

Insgesamt nimmt mit dieser Verordnung die Regelungsdichte in der EU weiter zu. Dabei sollten Zahlungsziele, die in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind oder durch vertragliche Vereinbarungen geregelt werden, typischerweise in den Aushandlungsprozessen der Geschäftspartner gelöst werden. Ein guter Kreditmanager wird dies bei seinen Entscheidungen berücksichtigen, und der Controller wird die Zahlungsziele in seine Leistungen einpreisen. Eine Regelung für KMUs, die sicherstellt, dass sie nicht durch große Kunden übervorteilt und in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung stranguliert werden, könnte hilfreich sein. In Deutschland zeigt sich, dass insbesondere der öffentliche Bereich sich häufig durch lange Zahldauern auszeichnet. Eine Selbstverpflichtung öffentlicher Auftragnehmer wäre daher ein erster guter Schritt, für den es keine neue Verordnung braucht.

Über den Autor
Prof. Dr. Matthias Schumann

Seit 1991 hat Prof. Dr. Matthias Schumann eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik (Professur für Anwendungssysteme und E-Business) an der Universität Göttingen inne. Er leitet auch das gemeinsame Rechenzentrum der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
Er ist Gesellschafter der Prof. Schumann GmbH.

In der Forschung beschäftigt sich Prof. Schumann unter anderem mit Informationssystemen bei Finanzdienstleistern und Systemen zum Kreditmanagement sowie Fragen zum Wissens- und Bildungsmanagement. Prof. Schumann verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, umfangreiche Vortragstätigkeiten und über mehr als 350 Veröffentlichungen.

Universität Göttingen

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