Die Branchenzugehörigkeit eines Unternehmens ist ein wichtiger Anhaltspunkt, um seine wirtschaftliche Lage korrekt einzuschätzen. Das gilt in Zeiten von Corona mehr denn je: die Krise hat die Branchenrisiken in Teilen gehörig durcheinander gebracht.
Lockdown weiter verlängert – was heißt das für das Kreditmanagement?
Eine Beendigung des Corona-Lockdowns ist derzeit nicht in Sicht. Zwar gehen die Infektionszahlen aktuell leicht zurück, doch die Unsicherheit in Bezug auf die mutierte Virusvariante ist groß, so dass sich die Mehrheit der Politiker mit Aussagen zu Lockerungen zurückhält.
Wo stehen wir derzeit?
Wir haben Hilfen für kleine und mittelständische Unternehmen, die offensichtlich nicht ankommen oder teilweise zu gering sind. Hier zeichnen sich Liquiditätsengpässe ab. Es wird weiterhin Kurzarbeitergeld gezahlt. Und kürzlich entschied die Bundesregierung, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. April 2021 zu verlängern.
Die Wirtschaftsinstitute berichten für das vergangene Jahr einen Einbruch von rund 5,6 % und die Wirtschaftszahlen für 2021 werden nach unten korrigiert. Von all dem zeigen sich die Aktienkurse unbeeindruckt: ohne wirtschaftliche Zukunftsaussichten wirklich im Blick zu haben steigen sie weiter. Die Privatpersonen leiden zwar unter fehlenden Sozialkontakten, wenig Möglichkeiten zum Urlaub machen etc., beziehen in der Regel jedoch weiter Gehälter.
Corona-Politik im Wahljahr
Ende September 2021 findet die Bundestagswahl statt. Vor diesem Hintergrund sind die getroffenen und kommenden Entscheidungen der Politik kritisch zu betrachten: Wird eine gewaltige Blase geschürt, die im Herbst platzt? Die Politik versucht, mit viel Geld wirtschaftliche Effekte zu verzögern. Das wahre Ausmaß der Pandemie wird erst nach den Wahlen sichtbar werden.
Wir wagen einen Blick in die Zukunft:
- Wenn das Kurzarbeitergeld ausläuft beginnen die Freisetzungen.
- Durch den langen Lockdown werden Hotellerie und Gaststättengewerbe wahrscheinlich sehr viele Insolvenzen zu beklagen haben. Gleiches gilt für die Tourismusindustrie und die Fitness-Branche. Auch Brauereien sind von diesen Entwicklungen negativ betroffen.
- Messen werden auch im ersten Halbjahr 2021 nicht stattfinden.
- Der Einzelhandel wird – auch in den Innenstädten - viele Schließungen erfahren. Der Konsum wandert ins Internet. Und damit sind dann in der Folge auch die Gewerbeimmobilien betroffen.
- Spätestens im Jahr 2022 werden die öffentlichen Auftraggeber den Gürtel enger schnallen – das hat Konsequenzen für die Baubranche.
- Die Unternehmen werden in vielen Bereichen z. Zt. mit großen Investitionen warten – es Bedarf mehr Sicherheit für die zukünftigen Entwicklungen.
- Der hohe Schuldenstand – auch bei Konzernen mit umfangreichen Anleiheemissionen – wird dazu führen, dass so manches Unternehmen zu Übernahmekandidaten für Hedgefonds und Kapitalanlagegesellschaften werden dürfte. Auch Fusionen werden so getrieben.
Und das Auslandgeschäft?
Zum 1. Januar 2021 wurde der Brexit vollzogen. Schon heute fahren Logistikdienstleister ihre Transporte nach Großbritannien herunter weil die Transportleistungen nicht mehr produktiv genug sind. Es bleibt auch abzuwarten, wie sich das Verhältnis zu den USA weiterentwickelt und wie groß die Auswirkungen auf die Wirtschaft überhaupt sein werden. Auch unter Joe Biden wird der Protektionismus bestehen bleiben und wir werden weiterhin Zollbeschränkungen erleben.
Ebenso ist kritisch zu prüfen, wie die europa- und weltweiten Virusentwicklungen weiter gehen – realistisch betrachtet, steht Deutschland hier vergleichsweise gut da.
Alle Entwicklungen werden dazu führen, dass zumindest die international aufgestellten Konzerne noch stärker vom chinesischen Markt abhängen werden – die Abhängigkeiten werden also noch größer werden.
Kreditmanagement in der Krise so wichtig wie nie
Für Kreditmanagerinnen und Kreditmanager sind damit klare Analysen gefordert: Wie schaut es mit der Liquidität und der Verschuldung der Kunden und Lieferanten aus? Wie ist das Risiko in der Branche – auch aufgrund der politischen Rahmenbedingungen bzgl. der Pandemie?
Und schließlich spielt auch das pandemische Länderrisiko als Indikator eine Rolle. Das Kreditmanagement muss sich damit für 2021 sicherlich auf längere Außenstände, stark steigende Insolvenzen und auch zunehmende Zahlungsausfälle einstellen. Dem einzelnen Unternehmen hilft da nur das enge Monitoring seiner Kunden und Lieferanten, um so geeignete Lösungen zu finden.
Wie erkennen Sie frühzeitig, ob und bei welchem Kunden mit Forderungsausfällen gerechnet werden muss?
Zur Sicherstellung der eigenen Liquidität ist ein Frühwarnsystem im Kreditmanagement unabdingbar.
Seit 1991 hat Prof. Dr. Matthias Schumann eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik (Professur für Anwendungssysteme und E-Business) an der Universität Göttingen inne. Er leitet auch das gemeinsame Rechenzentrum der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
Er ist Gesellschafter der Prof. Schumann GmbH.
In der Forschung beschäftigt sich Prof. Schumann unter anderem mit Informationssystemen bei Finanzdienstleistern und Systemen zum Kreditmanagement sowie Fragen zum Wissens- und Bildungsmanagement. Prof. Schumann verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, umfangreiche Vortragstätigkeiten und über mehr als 350 Veröffentlichungen.
Universität Göttingen