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Wie reagieren Rating-Systeme in der Krise?

Wie reagieren Rating-Systeme auf die Corona-Krise? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus auf das Risikomanagement und die Limitvergabe in Unternehmen? Die Antworten lesen Sie im folgenden Artikel.
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, Prof. Dr. Matthias Schumann

Auswirkungen der Corona-Krise auf Ratings von Unternehmen

Tendenziell werden sich die Erfolgsaussichten für Unternehmen, sofern sie das nicht durch den Lockdown schon gespürt haben, verschlechtern. Dieses ist von zwei wesentlichen Aspekten abhängig: von der Branche und vom jeweiligen Absatzgebiet.

Im Konsumbereich können verlorene Umsätze kaum nachgeholt werden. Hierzu gehören das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Touristikbranche und der Bekleidungs-Einzelhandel.

Der B2B-Bereich ist ebenfalls massiv betroffen, auch wenn dies aufgrund der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wie z. B. Kurzarbeitergeld noch nicht sichtbar ist.

Wir erleben, dass im Maschinenbau, in der Autoindustrie und bei Ausrüstern Investitionen erst einmal verschoben werden. Probleme ergeben sich vor allem bei Unternehmen mit hoher Exportquote. In Europa liegen Staaten wie Italien, Spanien und Großbritannien wirtschaftlich darnieder. Weltweit ist eine massive Absatzkrise zu verzeichnen: USA, ganz Südamerika sind betroffen. Auch in China werden alte Niveaus noch lange nicht wieder erreicht, und Indien steht sogar noch fast am Anfang. Es wird lange dauern, bis das aufgeholt ist.

Schließlich gibt es Branchen, die noch gar nicht betroffen sind. Das Baugewerbe ist bspw. konjunkturell Nachzügler, denn es lebt vom noch sehr gefüllten Auftragsbuch. Hier sind für 2021 Umsatzeinbußen und Auftragseinbrüche zu erwarten.

Bedeutung für das Rating von Unternehmen

Unternehmen, die Corona-bedingt KfW-Kredite aufgenommen haben, werden Zins- und Tilgungszahlungen leisten müssen. Dies wird Gewinne schmälern.

Logischerweise führt dies zu geringeren Erfolgsaussichten, was wiederum Ratingverschlechterungen zur Folge hat. Grundsätzlich wird man als Unternehmen mit dem höheren Risiko leben müssen. Man wird aber bei Unternehmen, die vor der Krise schon nicht besonders gut geratet waren, ein ganz schlechtes Rating beobachten können. Das wird dazu führen, dass diese Unternehmen nur mit Sicherheiten oder Vorkasse bedient werden – oder auch überhaupt nicht mehr.

Wie werden Kreditversicherungen und -institute reagieren?

Wie ist das nun bei Kreditversicherungen? Da das Rating dort genau wie sonst auch die reale Risikosituation widerspiegelt, erhöht sich im Durchschnitt das Risiko. Tendenziell werden damit Limite gekürzt, für einzelne Länder auch gestrichen. Für deutsche Unternehmen soll dem die Staatsbürgschaft in Höhe von 30 Milliarden € entgegenwirken. Man wird sehen, wie lange das hält – zumal man da ja primär für inländische Firmen bürgt.

Wie ist das bei Kreditinstituten? Diese sollten nach Basel II/III ja eigentlich einen Risikokapitalpuffer aufbauen, der gerade für solche Effekte, wie wir sie z. Zt. haben, eingesetzt werden sollte. Ob das die Banken auch so handhaben, bleibt abzuwarten. Das wird die Prolongation auslaufender Kreditlinien oder die Vergabe neuer Kredite zeigen. Man kann sich aber sicherlich auf steigende Risikokosten und damit erhöhte Zinsen einstellen.

Welche Auswirkungen haben verlängerte Zahlungsziele langfristig?

Was ist von Zahlungszielstreckungen oder dem vorübergehenden Verschieben von z. B. Mietzahlungen zu halten? In einem Lockdown kann das kurzfristig helfen. Mittel- bis langfristig häuft der Schuldner so aber nur Zahlungsverpflichtungen an. Dann wird es immer schwerer und zweifelhafter, ob diese aus wieder anlaufendem Geschäft wirklich beglichen werden können.

Fazit

Tendenziell wird sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in durchschnittlich schlechteren Ratings niederschlagen. Dies wird auch dazu führen, dass es dann Kunden geben wird, die nun nicht mehr auf Rechnung ohne Sicherheiten beliefert werden.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen: bestimmte medizinische Produkte oder Zulieferer, bestimmte Hygieneartikel, z. B. auch die Fahrradproduktion und -handel erfahren eine positive Entwicklung. Letztere sind allerdings teilweise nur vorgezogene Käufe, die zu Absatzeinbrüchen in späteren Quartalen führen können.

Realistische Risikobewertungen sind immens wichtig, um die eigene Geschäftsfähigkeit zu sichern. Wer eine gute, möglichst automatisierte Credit Management Software im Unternehmen implementiert hat, ist im Vorteil.

Über den Autor
Prof. Dr. Matthias Schumann

Seit 1991 hat Prof. Dr. Matthias Schumann eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik (Professur für Anwendungssysteme und E-Business) an der Universität Göttingen inne. Er leitet auch das gemeinsame Rechenzentrum der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
Er ist Gesellschafter der Prof. Schumann GmbH.

In der Forschung beschäftigt sich Prof. Schumann unter anderem mit Informationssystemen bei Finanzdienstleistern und Systemen zum Kreditmanagement sowie Fragen zum Wissens- und Bildungsmanagement. Prof. Schumann verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, umfangreiche Vortragstätigkeiten und über mehr als 350 Veröffentlichungen.

Universität Göttingen

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