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Wie verändern Chatbots wie ChatGPT das Kreditrisikomanagement?

Das von OpenAI entwickelte KI-Sprachmodell ChatGPT ist seit Wochen Gesprächsthema. Auf Grundlage von Mustern und Informationen kann ChatGPT menschenähnliche Antworten und Texte generieren. Welche Veränderungen bringt das in Zukunft für das Kreditmanagement? Erfahren Sie mehr im SCHUMANN Insights.
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, Prof. Dr. Matthias Schumann

Background zu ChatGPT

ChatGPT ist in aller Munde, da sich mit dem Tool menschenähnliche Dialoge führen lassen oder auch je nach bestimmter Fragestellungen bspw. Texte generiert werden können. Eigentlich ein Chatbot, der sehr mächtig in der Kommunikation ist und Mechanismen enthält, um aus geführten Dialogen zu lernen. Dazu wird ein spezielles Sprachmodell eingesetzt. Die Frage ist, ob ein solches Werkzeug zu Veränderungen im Kreditmanagement führt.

Das KI-Sprachmodell hat inzwischen verschiedene Lernstufen durchlaufen. Neben überwachten und unüberwachten Lernphasen mit sehr großen Datenbeständen, wurde schließlich Reinforcement Learning eingesetzt, bei dem menschliche Tester Rückmeldungen zu den Antworten von ChatGPT geben.

Wo lassen sich solche Ansätze nun im Kreditmanagement verwenden? Vorab sollte festgehalten werden, dass es um das KI-Sprachmodell leistungsfähig zu machen, mit ausreichenden Trainingsdaten gefüttert werden muss, die in dieser Form dem System derzeit noch nicht zugeführt worden sind. Dieses vorausgesetzt, ergibt sich ein breites Anwendungsfeld.

Mögliche Einsatzgebiete für ChatGPT im Kreditrisikomanagement

Ein solches System kann zur Beantwortung entsprechender Anfragen eingesetzt werden, z.B. könnte das Zahlungsverhalten von Kunden verbalisiert werden. Ebenso kann eine solche Lösung dazu dienen, um Kunden, deren Aufträge nur gegen Barzahlung abgewickelt werden, zu begründen, warum dieses der Fall ist. Für komplexe Antragssituationen, in denen Finanzierungskomponenten, deren Laufzeit und Preise von den Interessenten- oder Kundenrisiken abhängt, wäre es möglich, dass das System die jeweiligen Ergebnisse einer entsprechenden Simulation erläutert oder Alternativvorschläge unterbreitet. Dieses wäre bspw. ein Einsatzfeld für Leasing- oder Kreditversicherungsunternehmen.

Bei genügend Trainingsdaten könnte ebenso eine Jahresabschlussanalyse verbal erläutert werden, oder der Prüfer fragt im Dialog das System nach Details und deren Begründung ab. Denkt man diese Darstellungsmöglichkeiten weiter, so wären neue Formen an Dialogsystemen zur Entscheidungsunterstützung vorstellbar. Der Entscheider fragt nach außergewöhnlichen Situationen, die ein Risiko in den Kundendaten darstellen könnten. Das System präsentiert solche Fälle und erläutert welche Risiken aufgrund der identifizierten Muster vorhanden sind. Noch einen Schritt weitergehend im Training, könnten auch Vorschläge für Lösungsansätze bspw. zum Begrenzen oder Reduzieren der Risiken, integriert werden. Ebenso wäre es möglich, dass das System mit den verwendeten Algorithmen lernt und die Lösungsvorschläge von den Entscheidungsträgern bewertet werden. Insgesamt könnte man, gerade bei großen Kundenportfolios, die Entscheidungsunterstützung damit maßgeblich weiter vorantreiben. Bei vollautomatischen Entscheidungen könnten die Betroffenen bei Bedarf direkt beauskunftet werden. Dieses wäre dann auch ein Effizienzgewinn gegenüber dem Status quo.

Neben direkten Risikobeurteilungen und -entscheidungen hat auch die Reklamationsbearbeitung in Bezug auf die Behandlung der Debitorenbestände eine nicht unerhebliche Bedeutung. In diesem Bereich könnten ebenfalls Chatbots die Kommunikation mit Kunden oder Lieferanten steuern und so zu einer Verschlankung und schnelleren Klärung solcher Prozesse beitragen.

Fazit: Ausreichend Datenbestände und Training sind Voraussetzung für weitere Entwicklungen

Insgesamt muss aber noch einmal betont werden, dass ausreichend Datenbestände und Fälle zum Training zur Verfügung stehen müssen. Dieses bestimmt primär die Qualität eines solchen Systems. Bei der Sammlung solch spezifischer Daten zum Training, steht die Branche allerdings noch am Anfang. Zudem ist bei aller Geschwindigkeit in der Entwicklung von ChatGPT davon auszugehen, dass in nächster Zeit dazu nicht ausreichend Trainingsdaten zur Verfügung stehen werden. Insofern wird es für derart spezifische Anwendungen noch dauern. In diesem Sinne sind Sie als Kreditentscheider erst einmal noch auf Ihre vorhandenen Entscheidungsunterstützungssysteme angewiesen.

Über den Autor
Prof. Dr. Matthias Schumann

Seit 1991 hat Prof. Dr. Matthias Schumann eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik (Professur für Anwendungssysteme und E-Business) an der Universität Göttingen inne. Er leitet auch das gemeinsame Rechenzentrum der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
Er ist Gesellschafter der Prof. Schumann GmbH.

In der Forschung beschäftigt sich Prof. Schumann unter anderem mit Informationssystemen bei Finanzdienstleistern und Systemen zum Kreditmanagement sowie Fragen zum Wissens- und Bildungsmanagement. Prof. Schumann verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, umfangreiche Vortragstätigkeiten und über mehr als 350 Veröffentlichungen.

Universität Göttingen

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