Radikale wirtschaftliche Veränderungen – sind die wirtschaftlichen Beurteilungen von Unternehmen noch valide?
Zölle als Vertrauensbruch in der globalen Wirtschaft
Weltweite Androhungen von Zöllen zerstören das Vertrauen in die globale Wirtschaft. Bei globalen Lieferbeziehungen verändern Importzölle die Kostensituation vieler Unternehmen. Bei den zumeist zweistelligen oder sogar dreistelligen Größenordnungen, über die wir z. Zt. reden, kann dieses üblicherweise nicht durch Einsparungen in anderen Bereichen oder Margenreduktionen aufgefangen werden. Preissteigerungen für betroffene Produkte müssen her. Abgesehen von Luxusgütern, deren Premiumpreise die anvisierte Zielgruppe weiter bereit sein wird zu zahlen, sind Preissteigerungen die Folge, auch wenn nur Bauteile und nicht das Produkt eingeführt wird. Absatzrückgänge werden zu verzeichnen sein. Es ist zu prüfen, ob die betroffenen Unternehmen mit dem geringeren Absatz noch ihre Gewinnschwelle erreichen.
Absatzrisiken durch Importkosten und Preisanstiege
Ebenso sind aus der Sicht von Exporteuren Importzölle in belieferte Absatzmärkte Gift für den Produktverkauf. Gibt es inländische Konkurrenz oder Ländergruppen, die mit deutlich niedrigeren Zöllen belegt werden, dann können ganze Märkte wegbrechen.
Exportbarrieren und der Verlust ganzer Märkte
Die Unternehmensanalyse ist deshalb komplex, weil es einerseits für ein Land, das Importzölle massiv erhöht, notwendig ist, für die einzelnen Unternehmen in diesem Land abzuschätzen, wie stark diese mit ihren Lieferketten betroffen sind und damit massiven Kostensteigerungen unterliegen. Andererseits muss für Unternehmen mit globalem Absatz geprüft werden, wie weit diese wiederum von den Zöllen der Importländer betroffen sind und wie stark dabei die Wirkungen auf den eigenen Umsatz sind. Für beide Fälle, denen sich die Unternehmen ausgesetzt sehen, spielt die vorhandene Liquidität als Puffer eine wichtige Rolle. Ist diese gering, dann können finanzielle Schwierigkeiten sehr schnell eintreten.
Unternehmensanalyse unter neuen Unsicherheiten
Auch das Aussetzen oder Zurücknehmen von Zollankündigungen erhöht nicht das Vertrauen in derartige Entscheidungen. Vielmehr werden sich die Konsequenzen auch auf anderen Märkten auswirken. Dazu werden Unternehmen, die aus Ländern stammen, die mit Zöllen belegt werden, sicherlich neue Absatzregionen suchen oder verstärkte Anstrengungen unternehmen, ihre Produkte in Märkten ohne hohe Zölle in größerem Umfang als bisher zu platzieren.
Die Unsicherheit in den betroffenen Märkten wird auch zu verstärkter Zurückhaltung bei den Unternehmen bei Investitionen führen. Dieses wiederum hat dann Ausstrahlung auf andere Unternehmen, sodass sich die wirtschaftliche Abwärtsspirale weiter verstärkt.
Rohstoffabhängigkeit und strategische Reaktionen
Schließlich zeigt sich mittlerweile, dass einzelne Staaten auch mit anderen Reaktionen auf diese Zollaktivitäten reagieren. So hat China als wichtiger Lieferant Seltener Erden angekündigt, dass es deren Ausfuhr komplett stoppen wird. Da diese für Halbleiter, Smartphones, Elektroauto-Batterien und weitere digitale Produkte benötigt werden, wird dieses die Produktion bei solchen Unternehmen, welche die Stoffe aus China bezogen haben, massiv beeinflussen. Es wird aufgrund der international geringer verfügbaren Menge auch zu Preissteigerungen kommen, mit negativen Effekten für alle Unternehmen, die Halbleiter in ihren Produkten verwenden. Aufgrund der langen Produktionszyklen bei Halbleitern gibt es dabei allerdings Vorlaufzeiten.
Finanzmärkte als geopolitisches Risiko
Gerade in der Zollauseinandersetzung zwischen den USA und China gibt es aber noch ein weiteres Risiko, das weltweite Konsequenzen haben kann. China dürfte z. Zt. im Besitz von amerikanischen Staatsanleihen in Höhe von mehr als 750 Mrd. Dollar sein und finanziert damit amerikanische Schulden. Verkauft China einen großen Teil dieser Anleihen, werden die Preise für diese Anleihen deutlich sinken und die Zinsen stark steigen. Dieses wiederum hat Auswirkungen auf steigende Immobilienzinsen, mit dramatischen Effekten für den amerikanischen Wohnungsmarkt. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Ansteckungseffekte durch Abwertung von Anleiheportfolien zu ähnlichen Wirkungen führen können, wie wir diese 2008 nach der Lehmann-Pleite gesehen haben. Von daher ist zu hoffen, dass diese Variante nicht gezogen wird. Sie dürfte wohl auch dem chinesischen Markt schaden.
Vor diesem Hintergrund sollten wir zuversichtlich sein, dass die amerikanischen Zoll-Festsetzungen und -Drohungen schon bald aufgrund der Schäden an der eigenen Wirtschaft zurückgenommen werden und die Märkte sich so wieder stabilisieren und Vertrauen zurückkehrt. Damit wird auch das Insolvenzrisiko in vielen Bereichen wieder zurückgehen und die Arbeit des Kreditmanagements wieder leichter.